Warum Recruiting nicht ohne KPIs funktioniert

Mehr (Kenn-)Zahlen bitte!

„Data-driven Recruiting“ – was kompliziert klingt, ist eigentlich logisch. HR steht im Recruiting vor vielfältigen Herausforderungen. Warum also nicht Daten-Ressourcen nutzen, die eigentlich schon vorhanden sind? Wer die richtigen Kennzahlen erhebt und auswertet, kann daraus lernen und seine Prozesse optimieren. Wir wollten das genauer wissen und haben bei Kathrin Weller, Redakteurin Personalmarketing der Wollmilchsau GmbH, nachgefragt.


Kathrin Weller
Redakteurin Personalmarketing
Wollmilchsau GmbH

Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Recruiting-Prozess, und woran scheitern viele Unternehmen?

„Die Herausforderungen im Recruiting sind natürlich je nach Unternehmen und Branche unterschiedlich. Es gibt allerdings auch Probleme, die viele Unternehmen gemeinsam haben. Dazu gehört zum Beispiel der generelle Mangel an qualifizierten Bewerber:innen. Mittlerweile ist es fast branchenübergreifend ein Problem, dass dem Arbeitsmarkt keine ausreichende Anzahl an Fachkräften zur Verfügung steht. Das kann dazu führen, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre offenen Positionen zu besetzen oder dafür wesentlich länger brauchen als geplant.

Und es führt auch dazu, dass die Konkurrenz um vorhandene Talente sehr groß ist und viele Arbeitgeber gleichzeitig um diese kämpfen müssen. Wenn Unternehmen dann nicht in der Lage sind, eine attraktive Arbeitgebermarke zu etablieren, eine positive Unternehmenskultur zu schaffen oder ihre Candidate Experience auf Vordermann zu bringen, bekommen sie schnell Schwierigkeiten, sich von der Konkurrenz abzuheben und Bewerber:innen von sich zu überzeugen.

Ein weiterer Aspekt wurde jetzt auch wieder beim Thema KIs und ChatGPT deutlich: Neue Technologien und soziale Medien haben das Recruiting ja schon verändert und werden es auch in Zukunft tun. Unternehmen müssen technologische Veränderungen im Blick haben, sich schnell anpassen und neue Tools nutzen, wenn sie ins Konzept und das Unternehmen passen.“

Warum sollte jede HR-Abteilung Kennzahlen zum Recruiting-Prozess erheben?

„Nur mit Kennzahlen lässt sich feststellen, ob die umgesetzten Recruiting-Maßnahmen auch wirklich den gewünschten Erfolg bringen. Mit den richtigen Key Performance Indicators, kurz KPIs, können Personaler:innen messen und analysieren, wie schnell sie Kandidat:innen mit dem bisherigen Einsatz anziehen, ansprechen, einstellen. Im besten Fall können sie sogar feststellen, an welchem Punkt der Candidate Journey es noch hakt.

Gleichzeitig kann auch das Recruiting-Budget effektiver verwaltet werden. Wenn beispielsweise festgestellt wird, dass bestimmte Kanäle oder Methoden nicht die erwarteten Ergebnisse liefern, sollte das Budget an dieser Stelle reduziert und für effektivere Kanäle verwendet werden. Mithilfe von Kennzahlen können HR-Abteilungen also den Recruiting-Prozess effektiver gestalten und bessere Entscheidungen treffen, die die Einstellung der besten Talente erleichtern.“

Welche Informationen und Erkenntnisse kann man gewinnen und wie weiternutzen?

„Man kann zum Beispiel erfahren, welche Kanäle am effektivsten sind. Hierfür müssen die Bewerberquellen untersucht werden. Es lässt sich feststellen, wo die meisten Bewerber:innen herkommen, welche Quellen möglicherweise zu teuer oder auch sinnlos für die jeweilige Zielgruppe sind. Auf dieser Basis können Personalabteilungen entscheiden, welche Kanäle sie nutzen möchten, welche gestrichen oder eingeschränkt werden. Das spart eine Menge Zeit, Nerven und Budget.

Bereits zu einem frühen Zeitpunkt den Arbeitsmarkt in der jeweiligen Region und Branche im Blick zu haben, kann ebenfalls sehr erkenntnisreich sein. Wer früh genug weiß, wie viele Arbeitskräfte überhaupt aktuell zur Verfügung stehen, kann sich im Zweifel direkt das Schalten von teuren Stellenanzeigen sparen und das vorhandene Budget in Active Sourcing stecken.

Bei dem Analyse-Tool ‚Jobspreader‘ bauen wir auf eine Kombination vieler Kennzahlen und versuchen mehrere Stellschrauben im Blick zu behalten. Dazu gehören beispielsweise die Marktdaten und die Jobtitelqualität, die einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg und die Reichweite von Stellenanzeigen haben.“

Was sind die wichtigsten KPIs?

„Die wichtigsten KPIs hängen immer von den spezifischen Zielen und Anforderungen des jeweiligen Unternehmens bzw. der Personalabteilung ab. Allgemeingültige KPIs, die als Maßstab für die Effektivität des Recruiting-Prozesses eingesetzt werden können, sind u.a. …

  • Time-to-Hire – die Zeit, die von der Stellenausschreibung bis zur Einstellung vergeht
  • Time-to-Fill – die Zeit, die von der Stellenausschreibung bis zum Arbeitsbeginn vergeht
  • Cost-per-Hire – die durchschnittlichen Kosten einer neuen Einstellung
  • Channel-Effectiveness – hinsichtlich der Zahl der Bewerbungen und Einstellungen
  • Cost-per-Click – die Kosten für jeden Klick auf ein Werbemittel
  • Cost-per-Application – durchschnittliche Kosten einer Bewerbung

In einer 2022 erschienen Studie zu Recruiting Strukturen hat die Wollmilchsau GmbH zusammen mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. herausgefunden, dass Time-to-Hire, Cost-per-Hire und Channel Effectiveness zu den beliebtesten KPIs im Recruiting zählen. Bei den meisten dieser Kennzahlen zeigen sich allerdings noch große Lücken zwischen dem Wunsch nach Nutzung und der Realität. Nur bei der Time-to-Hire liegen Nutzung und Wunsch nahezu gleich auf (65 Prozent wünschen sich diese Kennzahlen, 58 Prozent nutzen sie). Cost-per-Hire würden gerne 67 Prozent der Befragten nutzen, während es nur 47 Prozent bisher regelmäßig tun. Channel-Effectiveness wird bereits von 45 Prozent zur Recruiting-Steuerung gemessen und ausgewertet, wünschen tun es sich 60 Prozent. Da ist noch viel Luft nach oben.“

Das sind interessante Ergebnisse! Wie legt man also selbst am besten los?

„Bevor irgendwelche KPIs gemessen werden, ist es ist wichtig, die Recruiting-Ziele zu definieren und festzulegen. Ein Ziel könnte zum Beispiel sein, die Zeit zur Besetzung offener Positionen zu verkürzen oder Schwachstellen in der Candidate Experience aufzudecken.

Nach dem Festlegen dieser Ziele müssen die hierfür relevanten KPIs identifiziert werden. Hier können natürlich auch die zuvor angesprochenen allgemeingültigen KPIs hinzukommen – allerdings sollten die konkreten Recruiting-Ziele nicht aus dem Blick verloren werden.

Um Kennzahlen überhaupt messen zu können, bedarf es relevanter Daten. Es müssen Datenquellen festgelegt werden, was bedeuten kann, dass neue Systeme implementiert werden müssen. Dazu gehören zum Beispiel Web Analytics Tools wie Google Analytics oder Matomo, mit Hilfe derer Bewerberdaten und Nutzerströme gesammelt werden. An dieser Stelle bitte nicht vergessen, den Status quo festzuhalten, um etwaige Verbesserungen überhaupt erkennen zu können!

Im Anschluss sollte das Benchmarking durchgeführt werden. Denn was helfen die schönsten Daten, wenn sie nicht ausgewertet werden?“

Und zum Abschluss möchten wir Sie bitten, folgenden Satz einmal zu ergänzen: Die Digitalisierung im Recruiting …

„… hat noch einen weiten Weg vor sich.“

Vielen Dank für das Interview, liebe Frau Weller!

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