Corporate Digital Responsibility - Digitale Verantwortung

„Ein HR-Thema – es ist aber nicht nur für HR ein Thema“

Sensible Daten in der Cloud, Software as a Service, KI-Einsatz im Recruiting, Nachhaltigkeit und IT: Moderne Personalarbeit? Untrennbar verbunden mit modernen Technologien! Das hat viele gute Gründe. Und mit den Chancen der Digitalisierung geht eine neue Verantwortung einher: die unternehmerische Digitalverantwortung – „Corporate Digital Responsibility“ genannt. Was genau hat es damit auf sich? Wir haben nachgefragt bei einer, die es wissen muss: 

 

Dr. Sara Elisa Kettner
Leiterin der Geschäftsstelle 
der Corporate Digital Responsibility-Initiative
vom Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

 

FOTO: © Geschäftsstelle der CDR-Initiative
Erst Corporate Social Responsibility (CSR), jetzt Corporate Digital Responsibility (CDR)?! Was genau ist das?

“Corporate Digital Responsibility ist Unternehmensverantwortung im Zeitalter der digitalen Transformation, auch Digitalverantwortung genannt. Die Digitalisierung ist unumstritten eine riesige Chance. Wir schaffen dadurch Innovationen, digitale Lösungen und Services, die unseren Arbeitsalltag und das tägliche Leben verbessern und erleichtern. Die Devise darf aber nicht „Digitalisierung um jeden Preis“ sein – es muss auch Grenzen geben. Daher tragen Unternehmen neben der ökologischen, sozialen und ökonomischen Verantwortung auch eine digitale Verantwortung. Im Vergleich zu CSR steckt Corporate Digital Responsibility noch in den Kinderschuhen.”

Ist CDR nur ein Thema für Unternehmen der Digitalbranche oder für alle Unternehmen?

"CDR betrifft alle Unternehmen, die in irgendeiner Form auf digitale Prozesse setzen, digitale Lösungen nutzen oder digitale Produkte selbst anbieten. Es ist also kein Nischenthema, das nur für Big Tech Firmen relevant ist. CDR betrifft alle – Unternehmen aller Branchen, vom Start-up bis zum Konzern."

Und was haben Unternehmen davon, wenn sie ihre Digitalverantwortung ernst nehmen?

“Das zahlt sich mehrfach aus: Ein Unternehmen, das in puncto Digitalverantwortung sehr engagiert ist, kann seine Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit steigern und wird als attraktiverer Arbeitgeber wahrgenommen. Ein Unternehmen, das digitale Produkte entwickelt und sich mit seiner damit verbundenen digitalen Verantwortung auseinandersetzt, wird bessere Produkte entwickeln und kann gleichzeitig das Vertrauen der Anwender*innen stärken. Nicht zu vergessen ist der regulatorische Aspekt: Im CSR-Kontext kommen auf Unternehmen enorme Verpflichtungen zu. Das ist bei CDR-Themen ähnlich: Denken Sie nur an die Regulierung der Künstlichen Intelligenz oder an die verabschiedeten Gesetzespakete Digital Markets Act und Digital Services Act. Wer sich frühzeitig dem Thema stellt und sich freiwillig engagiert, hat die Chance, Regulation aktiv mitzugestalten bzw. nicht böse von der Regulierung überrascht zu werden.”

Um welche Themen geht es konkret – wo gilt es Digitalverantwortung zu übernehmen?

"Die CDR-Initiative hat fünf Handlungsfelder definiert, um CDR-Engagement und unternehmerische Maßnahmen zu strukturieren: Umgang mit Daten, Bildung, Klima- und Ressourcenschutz, Mitarbeitenden-Einbindung sowie Inklusion. Ein ziemlich breites Spektrum!
Konkret geht es dann zum Beispiel um Datenschutz und Datensicherheit – oder im HR-Kontext um Digitale Bildung von Mitarbeitenden. Nicht alle Mitarbeitenden haben die gleiche digitale Affinität oder ein gleich ausgeprägtes digitales Skill Set. Wenn nun intern eine digitale Lösung eingeführt oder ein Prozess digitalisiert wird, gehört es zur Digitalverantwortung, alle Mitarbeitenden mitzunehmen und mit entsprechenden Trainings zu unterstützen. Es darf niemand außen vor gelassen werden. Ein weiteres, ganz großes Thema im Personalbereich ist der verantwortungsvolle Umgang mit personenbezogenen Daten von Mitarbeitenden und Bewerbenden."

Genau, im Personalbereich gibt es jede Menge sensible Daten. Dann kommt vielleicht Künstliche Intelligenz im Recruiting zum Einsatz. Ist CDR also ein HR-Thema?

"Ja, absolut – CDR ist ein HR-Thema! Es ist aber nicht nur für HR ein Thema, sondern es ist für viele Unternehmensbereiche relevant: für die IT etwa genau wie für das Marketing, das mit Kundendaten arbeitet, oder für die Nachhaltigkeitsabteilung. 
Bleiben wir mal bei HR und dem Einsatz von KI. Wenn Künstliche Intelligenz und Algorithmen in Entscheidungsprozessen – etwa zu Einstellungen oder Beförderungen – oder bei Evaluationen zum Tragen kommen, geht es plötzlich auch um Ethikfragen. Im Rahmen der Digitalverantwortung müssen Unternehmen sicherstellen, dass Prozesse fair ablaufen. Wer ein KI-Tool im Recruiting einsetzt, muss dafür sorgen, dass Diskriminierung und Biases reduziert werden. Einem Algorithmus werden gewisse Datengrundlagen vorgegeben. Wenn es in der IT bislang einen sehr viel höheren Anteil an männlichen Mitarbeitenden gibt, dann könnten Frauen aufgrund dieser Daten unabsichtlich diskriminiert werden. Wichtig ist es also, sich als Unternehmen Gedanken zu machen, wie man solche Herausforderungen lösen kann und mit welchen Daten ein Algorithmus trainiert wird."

Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie digitale Lösungen auswählen und einführen?

“Das kommt natürlich auf den Einsatzbereich an. Ein wichtiges Thema ist immer die Menschenzentrierung: Wird bei der Entwicklung und dem Einsatz eines technischen Systems der Mensch in den Mittelpunkt gestellt? Ebenfalls wichtig: Fairness – ist eine Lösung wirklich für alle nutzbar, ohne bestimmte Personen auszuschließen? Und: Transparenz – wie funktioniert ein System, wo und wie werden Daten verarbeitet und gespeichert? Welche Zertifizierungen kann ein Dienstleister vorweisen? Was macht ein Geschäftspartner über gesetzliche Vorgaben wie die DSGVO hinaus? Es macht einen Unterschied, ob Daten in einem Rechenzentrum im außereuropäischen Ausland oder in Deutschland verarbeitet werden. Das führt auch zum Aspekt Nachhaltigkeit, bei dem Unternehmen sich fragen sollten: Wie groß ist mein digitaler Fußabdruck?”

Wie und wo sollte CDR im Unternehmen verankert sein?

“Da gibt es nicht die eine richtige Lösung und es kommt sehr auf die Unternehmensstruktur an. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass CDR oft im Bereich Unternehmensverantwortung aufgehangen wird – dort wo es nicht nur um CSR geht, sondern das Thema bereits breiter definiert wird. CDR kann als Stabstelle oder natürlich in der IT- oder Digitalisierungsabteilung verankert werden. Wenn es bereits einen Chief Innovation Officer oder Chief Digitalization Officer gibt, kann man CDR dort sehr gut ansiedeln. Wichtig ist es, Touch Points mit anderen Bereichen zu schaffen. Egal wo ich CDR verankere, ich brauche auch kompetente Personen in anderen Abteilungen, zum Beispiel in HR und Marketing, die sich um Digitalverantwortung in den jeweiligen Organisationseinheiten ganz praktisch kümmern.”

… und wie geht man das Thema dann ganz pragmatisch an?

“Wir stellen häufig fest, dass Unternehmen bereits überzeugende CDR-Maßnahmen und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Prozesse haben, aber diese nicht systematisch zusammenführen. Als erstes sollte sich ein Unternehmen deshalb damit befassen, was es schon alles macht. Das hilft, Schwerpunkte für den Start festzulegen. Egal ob nun in einer abteilungsübergreifenden Task Force oder in der Digitalisierungsabteilung. Die Definition von Handlungsfeldern, CDR-Strategie, Standards und Code of Conduct für den Einsatz von KI – das wäre ein sehr systematischer und natürlich stark budgetabhängiger Zugang zum Thema. Etwas niederschwelliger ist: ein Austausch mit anderen Unternehmen, mit Politik und Zivilgesellschaft. Und noch niederschwelliger: Man wählt ein konkretes Thema aus, beobachtet Best Practices und startet mit einem Leuchtturmprojekt.”

Ein erster Schritt könnte doch auch die Teilnahme am „Digitalen Datenputz“ sein, oder?

"Genau! Mitarbeitende sollen mit unserer Aktion motiviert werden, ihre Daten auf Festplatten, Laufwerken, in der Cloud und in Postfächern aufzuräumen, und nicht mehr benötigte Daten zu löschen. Der „Digitale Datenputz“ findet vom 16. bis 27. September 2024 zum zweiten Mal statt. Mitmachen kann jeder – jedes Unternehmen, das ein Mailprogramm und eine Dateiablage nutzt.

Beim Digitalen Datenputz geht es um nachhaltiges Arbeiten, um Datenschutz und Datensicherheit. Es geht um Auswirkungen aufs Klima, um Kosten für Speicher. Und um mentale Gesundheit: Es arbeitet sich schließlich nicht nur an einem aufgeräumten Schreibtisch angenehmer, sondern auch mit geringeren digitalen Datenmengen. Aufräumen tut dem Kopf einfach gut. Wer dabei sein möchte, kann sich einfach bei der CDR-Initiative melden. Wir unterstützen mit Infomaterial für die interne Kommunikation und bieten Austauschmöglichkeiten an, um schon im Vorfeld erste Aha-Momente zu schaffen."

Vielen Dank für das spannende Interview, liebe Frau Dr. Kettner!

 

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